Das Tal der Wilden Weißeritz bei Tharandt ist ein Übergangsgebiet, das von den Unteren Berglagen des Osterzgebirges zum Hügelland, geologisch von den Freiberger Grauen Gneisen zum Rotliegenden im Döhlener Becken und vegetationskundlich von den Buchenmischwäldern zu den Eichen-Mischwäldern reicht. In ihrem Unterlauf hat sich die Wilde Weißeritz ein zum Teil über einhundert Meter tiefes Kerbsohlental geschaffen, vorwiegend im Freiberger Grauen Gneis, vereinzelt auch im Quarzporphyr. Die Talhänge sind nicht nur beachtlich hoch, sondern teilweise auch sehr steil mit Klippenbildungen, Felswänden und Blockfeldern. Kurze, gefällereiche Seitenbäche stürzen von den umliegenden Hochflächen hinab zur Wilden Weißeritz: Von rechts Kleiner und Großer Stieflitzbach, Höckenbach und Harthebach; von links Seerenbach, Tiefergrund- und Breitergrundbach, Schloitzbach und Pastritz.
Die Weißeritztalhänge lesen sich wie ein aufgeschlagenes Lehrbuch der Geobotanik. Während beispielsweise an den Nordhängen Buchenmischwälder in ihren verschiedenen Ausprägungen dominieren, stocken im Bereich zwischen Tharandt und Hainsberg an den südexponierten Hängen Eichen-Hainbuchen-Wälder, zum Teil mit Winter-Linde. Diese wurden durch die inzwischen historische Waldnutzungsformen der Nieder- bzw. Mittelwaldwirtschaft gefördert. Bis Ende des 19., teilweise noch bis Mitte des 20. Jahrhunderts wurden bei der Niederwaldnutzung die jungen Stämme abgesägt bzw. mit Äxten abgehackt, woraufhin sich die Bäume durch “Stockausschlag” – also mit neuen Trieben – regenerierten. Der Mittelwald ist eine Bewirtschaftungsform mit zwei Zielen: Erzeugung von Brennholz und Erzeugung von Bauholz. Beides erfolgt auf derselben Fläche aber in unterschiedlichen Schichten und in unterschiedlichen Umtriebszeiten der Bäume. Spuren dieser Waldnutzungsformen lassen sich hier immer wieder entdecken.
Der für Sachsen außergewöhnliche Reichtum an Waldgesellschaften der naturnahen Laubmischwälder führte 1961 zur Ausweisung als Naturschutzgebiet. Die hohe Anzahl und Dichte der Lebensraumtypen von europäischer Bedeutung begründen zudem die Ausweisung des unteren Weißeritztales als Fauna-Flora-Habitat-Gebiet (FFH).
Fetthennen-Bläuling
Eine der am hiesigen südexponierten Hang vorkommenden seltenen Arten ist der streng geschützte Fetthennen-Bläuling (Scolitantides orion). Die Rote Liste weist ihn in Sachsen und in Deutschland als vom Aussterben bedroht aus. Er braucht besonnte Felshänge, an denen die Fetthenne als Nahrungspflanze der Raupen wächst. Die Fetthennen-Bläulinge fliegen von Juni bis Ende August. Die Eiablage erfolgt an Fetthennen (Sedum). Die Raupen fressen anfangs im Blattinneren. Mit zunehmender Größe treten sie hervor und werden wie fast alle Bläulingsraupen von Ameisen „bewacht“. Die Verpuppung erfolgt in Gesteinsritzen oder in der aufliegenden Streuschicht. Die Falter saugen an einer Vielzahl von Nektarpflanzen, wobei eine Vorliebe zu weißen Blüten zu beobachten ist.
Naturführer Ost-Erzgebirge
Band 3: Naturkundliche Ziele im Ost-Erzgebirge ISBN 978-3-940319-18-0
Band 4: Naturschatz Ost-Erzgebirge ISBN 978-3-95498-170-0
https://osterzgebirge.org/de/natur-erkunden/naturfuehrer/
https://osterzgebirge.org/de/natur-erkunden/schutzgebiete/
https://www.natura2000.sachsen.de/37e-taler-von-vereinigter-und-
wilder-weisseritz-35147.html
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