Das war schon ein besonderer Tag. Es regnete an diesem Montagmorgen wie aus Kannen. Der Frühstückstisch war schon gedeckt, als das Telefon klingelte. Glücklicherweise hatten unsere Gäste meine Handynummer. Der Weg zur Johannishöhe in Tharandt war doch nicht so einfach zu finden.
Gummistiefel an und ich ging den Berg talwärts.
In Tharandt konnte ich Rebecca Dero, innovative Bäuerin und Gesundheitsberaterin im Westen Kenias, Vincent Mariadho, Koordinator von Prolinnova-Kenya und Hussein Wario, Direktor des Centre for Research and Development in Drylands in Nordkenia und Mitglied des Prolinnova-Kenia-Netzwerkes begrüßen.
Wie kam es zu dieser Begegnung?
Die kenianischen Gäste waren Referierende und Teilnehmende an der Konferenz „Tropentag“ in Prag. Ann Waters-Bayer und Lorenz Bachmann begleiteten sie nach der Konferenz zu Austausch und Vernetzung mit Kolleg*innen des Vereins „Agrecol“, Kontaktpunkt im Globalen Norden für das internationale Netzwerk “Prolinnova” (www.agrecol.de). Rebecca stellte auf dem Tropentag ihre Innovationen für den Anbau von Gemüse auf kleinstem Raum in Verbindung mit schwierigen Bodenverhältnissen und wenig Wasser vor.
Agrecol fördert standortgerechte ökologisch sinnvolle Landnutzung auf allen Kontinenten. Eigentlich wollte Agrecol einen Wochenend-Workshop auf der Johannishöhe abhalten, aber bei uns fand an diesem Wochenende der Tag der Kulturpflanzenvielfalt statt. Aber nach dem Workshop, der nun in Radebeul bei Dresden gehalten wurde, wollten sie uns mit ihren kenianischen Gästen wenigstens einen kurzen Besuch abstatten.
Landwirtschaft in Kenia
Es war ein Glück und auch eine Ehre für uns. Beim Frühstück haben wir uns bekanntgemacht. Rebecca ist eine große schlanke Frau. Sie ist Witwe mit vier Kindern und inzwischen acht Enkelkindern. Sie hat sich Gedanken gemacht, wie sie von ihrem wenigen Land genug Gemüse für ihre Familie ernten kann und ist so zur Innovatorin geworden. Vincent ist Agraringenieur und arbeitet daran, gute Ideen und Innovationen der Landnutzenden, wie die von Rebecca, aufzugreifen und in den ländlichen Communities Kenias weiterzuverbreiten. Er fördert auch das gemeinsame Experimentieren von innovativen Landwirten und Wissenschaftlern. Hussein ist ebenfalls Agraringenieur (promoviert in Witzenhausen) und entstammt einer Nomadenfamilie. Er kommt aus dem trockenen Norden Kenias und forscht dort mit den Hirtenfamilien an der nachhaltigen Nutzung des Bodens. Ann und Lorenz sind vom Verein Agrecol.
Wir nun auf der Johannishöhe sind landwirtschaftliche Quereinsteiger – angefangen hat meine Liebe zur Landwirtschaft mit den Ziegen und einem Sommer auf der Alp in der Schweiz – und haben für deutsche Verhältnisse vergleichsweise wenig Ackerland zur Bewirtschaftung. Doch für Rebecca muss es riesig gewesen sein; sie sagte, ihr Garten sei nicht viel größer als unsere Küche.
Wertvoller Austausch
Wir haben uns auch über die Nutzung von Leguminosen ausgetauscht. Während bei uns die Ernährung mit Bohnen, Erbsen und Lupinen an einem Tiefpunkt liegt (2,3 kg Leguminosenverzehr/Jahr in Deutschland ) bzw. gerade erst wieder in Schwung kommt, kennt man in Kenia viele verschiedene großkörnige
Leguminosen, die wichtige Proteinquellen sind. Kosten konnten die Besucher bei uns einen Lummus – ein Aufstrich aus Lupine nach Art des Hummus. Nach einem weiteren Starkregen machten wir uns zu einem Rundgang über die Johannishöhe auf: wir hielten bei unserem mechanischen Windbock an, mit dem wir unser Getreide (vor)reinigen. Die Ziegen und Schafe begrüßten uns und wir besichtigten den Saatgut- und Gemüsegarten mit etwa 4000 m² mit vielen verschiedenen Kräutern und Gemüsesorten zur Subsistenz und zur Saatgutproduktion.
In unserem Seminarraum gaben wir Einblicke in unsere Bildungsarbeit, die auch ökologische und nachhaltige Landnutzung zum Ziel hat und in unsere Direktvermarktung. Rebecca interessierte sich besonders für unsere kleinen Päckchen mit Gemüsesamen und wollte viele davon ausprobieren – experimentierfreudig wie sie ist.